Jedes sollte es machen. Mindestens einmal pro Tag, am besten mehrmals. Nicht wenige spirituelle Weisheiten empfehlen das sogar. Schauen wir uns gemeinsam an, wie das mit dem ersten Mal zu verstehen ist.
Ferienzeit-Reisezeit. Ich schlendere durch Locarno und bestaune die Stadt. Die Piazza Grande, die schmucken Läden, die Schönheit des Tessins – wundervoll, neu, aufregend.
Zeitsprung, kleine Szene, 5 Tage später.
Ich schlendere durch Locarno und kenne alles schon. Die Piazza Grande, die kleinen Läden, die Schönheit des Tessins. Langweilig, weil schon bekannt. Und da trifft es mich wie einen Blitz.
Wo ist das Wundervolle, neue, aufregende hin? In wenigen Tagen hat sich sogar an so einem schönen Ort in meinen Ferien die Gewohnheit eingeschlichen. In Gedanken mache ich einen Touristen-Vergleich: Wie geht es eigentlich Menschen, die nach Zürich kommen? Ist für sie alles wow, super und schön oder genauso langweilig bekannt wie für mich? Denn wenn ich normalerweise durch Zürich schlendere, kenne ich alles schon. Nichts Besonderes also.
Tue alles so, als wäre es das erste Mal
Ich empfinde den Spruch als höchst amüsant. Immer, wenn ich den irgendwo lese stelle ich mir es bildhaft vor. Hier ein paar Beispiele:
- Autofahren: Ich setze mich ins Auto und tue so als würde ich das erste Mal Autofahren. Kupplung, Gas, Schalten…grauenhaft!
- Eine Mail schreiben: Ich setzte mich hin und tue so als wäre es das erste Mal, wo ich versuche, mit dem 10-Finger-System zu schreiben…geht ja nicht!
- Ein Buch lesen: Mich interessiert das Thema Fotografie und ich möchte etwas darüber lesen. Lesen…wie beim ersten Mal? Das war in der 1. Klasse…nein danke!
Du weisst sicher, worauf ich hinaus möchte: wenn wir alle Dinge so machen würden wie beim ersten Mal (Ja auch beim Sex), ich weiss nicht, wo wir da hinkämen.
Also kann das definitiv nicht die richtige Auslegung der spirituellen Weisheit sein.
Eine Frage der Wahrnehmung
Das erste Mal bedeutet, etwas zu tun, ohne einen gedanklichen Filter darüberzulegen: kein: Kenn ich schon, das ist so und so oder war schon immer da.
Das erste Mal ist ein Zustand hoher Bewusstheit, indem die Wahrnehmung ohne Etikette in den Vordergrund rückt. In diesen Bewusstseinszuständen ist die Welt farbiger, intensiver, echter. Und dadurch fühlt man sich lebendiger und alles scheint Sinn zu machen.
Diese Bewusstseinszustände können spontan auftreten: bei einem Sonnenuntergang, beim Bergsteigen, beim Anblick einer Katze. Das sind Situationen, wo die Schönheit des Gesehenen in den Vordergrund rückt. Das sind Momente, wo die Erinnerung die Klappe hält und die Seele staunt.
Auf Reisen ist dieser Bewusstseinszustand einfach zu erreichen. Wir sehen ständig neue Dinge, wo unser Verstand nicht sofort ein Etikett darauf kleben kann. Das macht den Reiz des Reisens aus. Natürlich geht das auch im Alltag.
Folgende drei Methoden haben sich bewährt:
1. Die 2-Punkte-Methode
Während du dich auf 2 Fingerspitzen gleichzeitig konzentrierst, entspannst du dich und dehnst dein Bewusstsein aus. Dadurch wirst du sofort aufmerksamer. Mache das regelmässig egal wo du eben bist. Dann schau dir die Gegenstände um ich herum an. Du wirst sie in einem anderen Licht sehen.
2. Prüfe deine Gedanken
Ob am Arbeitsplatz, Zuhause oder unterwegs: wie kommentiert dein Geist das Gesehene? Nimm ein paar Gedanken wahr und dann sag innerlich „stopp“, atme aus und schau nochmals.
3. Finde die Schönheit im Vorbeigehen
Wähle eine Strecke, wo du oft gehst: beim Joggen, Spaziergang, vom Tram zum Büro. Frage dich immer wieder „wo ist das Schöne hier?“ Dann entspanne deinen Geist und lass es wie von allein hervortreten.
Ein Tipp zum Schluss: Diese Übungen sollte man leicht, spielerisch und gelassen machen. Dann klappt es auch mit dem ersten Mal. Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und freue mich über Rückmeldungen.